#LecturesForFuture – Klimawandel in den (Weit)Blick nehmen

Die Klimakrise in ihren globalen und lokalen Dimensionen umfasst vielschichtige Phänomene – von der Erderwärmung, über das Massensterben von Pflanzen- und Tierarten, Schadstoffen in Luft, Böden und Meeren, bis hin zu Rechtspopulismus und menschenfeindlichen Wirtschaftsweisen. Dieser Krise zu begegnen bedeutet, Selbstverständliches zu hinterfragen und Alternativen denk- und lebbar zu machen. Die nächsten Jahre sind dabei entscheidend: Kann das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens erreicht werden? Können Wirtschafts- und Lebensweisen etabliert werden, die nicht auf Kosten anderer Menschen und der Natur in Gegenwart und Zukunft gehen?

Da der Klimawandel ein sehr komplexes Phänomen mit höchster gesellschaftlicher Relevanz ist, überschreitet das Thema längst die Grenzen der universitären Wissensproduktion. Ob als Flagship Thema im politischen Wahlkampf, als Kernanliegen junger Umweltaktivist:innen oder als kontroverser Streitpunkt von Klimaleugner:innen – der Klimawandel regt zu Diskussionen an und stellt eine der zentralen, globalen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte dar. Dabei zeigen sich jedoch immer wieder Spannungen zwischen Wissen und Handeln, die wir nur in einem grenzüberschreitenden, inter-und transdisziplinären Dialog auflösen können.

Die ScientistsForFuture Trier haben im Rahmen der Reihe #LecturesForFuture – Klimawandel in den (Weit)Blick nehmen bereits zweimal die Relevanz der Forschung und Lehre zur Klimakrise betont. Auch im dritten Teil der Vortragsreihe bleiben sie ihrem interdisziplinären Ansatz treu, denn die Klimakrise, ihre Ursachen und Folgen, sind komplexe Phänomene, die vor disziplinären Grenzen keinen Halt machen. Die Vorträge geben Einblicke in die Wissensproduktion rund um den Klimawandel, betrachten Klimawandelanpassung im Globalen Süden und Norden, erörtern alternative Nachhaltigkeitsstrategien und Klimaprobleme in der Wirtschaft und Informatik, zeigen mögliche Rollen der Religion und Kunst im Klimaschutz auf und fragen zuletzt, wie wir unser Ernährungssystem nachhaltig und klimaschonend transformieren können. Alle Bürger:innen, Schüler:innen sowie Studierende und Mitarbeitende der Universität Trier sind herzlich eingeladen, sich im Rahmen der OpenUniversity mittwochsabends, online über ZOOM, zwischen 18 und 20 Uhr zum gemeinsamen Lernen und zum Dialog zusammenzufinden.

Um die inhaltliche Organisation kümmern sich die Organisator:innen (Rebekka Kanesu, Petra Wolf, Dr. Tobias Kranz) in Zusammenarbeit mit Scientists For Future Trier. Bitte melden Sie sich einmalig über diesen Link für die Vortragsreihe an.

https://forms.gle/aRStyCz21SaokrWK8

Für weitere Nachfragen wenden Sie sich bitte an lecturesforfuturetrier(at)gmail.com

Programm

27. Oktober 2021
Klimawissenschaft für Klimapolitik: Details aus dem IPCC Prozess
Dr. Friedemann Call; Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Köln, IPCC Koordinierungsstelle

Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) ist eine Institution der Vereinten Nationen und die wichtigste Quelle für die internationale Klimapolitik. Der Weltklimarat IPCC stellt regelmäßig Berichte über den aktuellen Wissensstand bezüglich des Klimawandels bereit, um Regierungen auf allen Ebenen mit Information zu versorgen, die sie zur Entwicklung ihrer Klimapolitik nutzen können. Dazu trägt der IPCC das aktuelle Wissen aus allen relevanten Bereichen der Forschung zusammen und stellt Ursachen, Folgen sowie Risiken des Klimawandels dar. Er zeigt zudem Möglichkeiten auf, wie die Menschheit den Klimawandel mindern und wie sie sich daran anpassen kann. In diesem Vortrag wird der IPCC-Prozess dargestellt und die Berichtserstellung erklärt. 


10. November 2021
Weinbau und Tourismus im (Klima)Wandel: Anpassungshandeln in der Moselregion gestalten
Viviana Wiegleb, Jens Niewind, Katharina Horvath; Mosel-AdapTiV Projekt, Governance & Sustainability Lab, Humangeographie, FB VI Raum- und Umweltwissenschaften, Universität Trier

Der Klimawandel stellt eine besondere Herausforderung unserer Zeit dar und betrifft auch die Moselregion. Die Vegetationsperioden starten früher im Jahr, Starkregen führen zu Hangerosion und Überschwemmungen, die im schlimmsten Fall - wie im Juli 2021 an der Ahr erlebt - die basale Infrastruktur zerstören können. Weitere Klimawandelfolgen sind die zunehmenden Hitzetage, die eine Belastung für Menschen und Ökosysteme darstellen. Häufiger auftretender Hagelschlag und Spätfrost haben bereits zu erheblichen Ernteausfällen im Weinbau geführt. Diese Klimafolgen stellen Moselkommunen vor große Herausforderungen, weshalb Anpassungshandeln auf lokaler und regionaler Ebene dringend geboten ist. Doch welche Maßnahmen bieten sich an, um negative Entwicklungen abzumildern? Wie gelingt zukunftsfähige Regionalentwicklung entlang der Mosel unter Beachtung der Prämisse, dass der Klimawandel sich mit bestehenden Herausforderungen überlagert und diese verschärft?  Diese Fragen stehen im Zentrum des Projekts Mosel-AdapTiV und dieses Vortrags, indem exemplarisch die eng verwobenen Sektoren Weinbau und Tourismus in den Blick genommen werden.


24. November 2021
Klimawandel in Vanuatu - Akteur:innen, Anbau und ‚Anpassung‘
Desirée Hetzel; Umweltethnologie, Ludwig-Maximilians-Universität München

Der pazifische Inselstaat Vanuatu erfuhr in Deutschland aufgrund des tropischen Wirbelsturms Pam 2015 große mediale Präsenz. Dieser Sturm der Kategorie 5, der erste seiner Art für Vanuatu, wurde international und national als eines der Zeichen des anthropogenen Klimawandels betrachtet und die zerstörerischen Auswirkungen wurden in den Medien diskutiert. Für die lokale Bevölkerung bedeutete jedoch die auf den Sturm folgende, wenig beachtete Dürreperiode eine deutlich größere Herausforderung - vor allem für ihre landwirtschaftliche Methode des Gartenbaus. Ni-Vanuatu, die Bewohner:innen Vanuatus, bereiten sich seit Jahren auf prognostizierte Probleme durch den Klimawandel im Rahmen so genannter Klimawandel-Anpassungsprojekte mit Fokus auf Landwirtschaft vor. Sie  erarbeiten Anbaumethoden, die trotz widriger Wetterbedingungen ausreichende Erträge erbringen. Ich berichte in diesem Vortrag von meinen Forschungserfahrungen aus der Zusammenarbeit mit Menschen in zwei Dörfern Vanuatus, wie diese auf kreative und nachhaltige Weise ihren Gartenbau sowohl während der Dürrezeit, als auch in Auseinandersetzung mit Klimawandel-Projekten gestalteten. Dabei stelle ich zudem die Fragen: Was ist für Menschen in Vanuatu Klimawandel? Und, wie stellen sie sich ihr Leben in einer Welt des Klimawandels vor?


8. Dezember 2021
Postwachstum als Leitbild der Nachhaltigkeitstransition
Prof. Dr. Christian Schulz; Geographie, Uni Luxemburg

Die Ursachen des globalen Klimawandels sind untrennbar verbunden mit der Wachstumsfixiertheit dominierender Produktionsweisen, Finanz- und Steuersysteme sowie Lebensstile. Bisherige Lösungsansätze, darunter Konzepte wie die „Green Economy“ oder „Smart Growth“ stehen zunehmend in der Kritik, weil sie nachhaltige Ressourcennutzung primär durch technologische Effizienzsteigerungen anstreben und den Bedarf an grundsätzlicheren Veränderungen im Produktionssystem vernachlässigen. Der Vortrag legt ein breites Verständnis von „Wirtschaft“ zugrunde und erörtert die wichtigsten Facetten der internationalen Postwachstumsdebatte (De-Growth/Décroissance). Beispiele alternativer und gemeinwohlorientierter Wirtschaftsweisen illustrieren die Eignung des Postwachstumsansatzes als Leitidee der Nachhaltigkeitstransition und stellen Bezüge zur Regionalentwicklungspolitik her.


22. Dezember 2021
Der ökologische Fußabdruck der Informationstechnik – wie nachhaltig ist Software eigentlich?
Prof. Dr. Stefan Naumann;  Informatik,  Umweltcampus Birkenfeld, HS Trier

Die Digitalisierung und die dazu notwendigen Bestandteile wie Endgeräte, Netze, Rechenzentren/Cloud und auch Software können sowohl als Mitverursacher und damit Teil des Problems Umweltschutz und Klimawandel wie auch als Teil der Lösung angesehen werden. Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) verursacht über die gesamte Bandbreite über 2% der Treibhausgasemissionen und liegt damit in der Größenordnung des internationalen Luftverkehrs oder auch der CO2-Emissionen von Deutschland. Umgekehrt werden der Digitalisierung erhebliche Chancen zugeordnet, wenn es um die Einsparungen und Optimierungen geht: Hier gibt es Ansätze, dass Verbräuche durch IKT überkompensiert werden können, sofern in den Bereichen Landwirtschaft, Mobilität, Gebäudeautomation oder auch Produktion Optimierungs- und Effizienzpotentiale ausgeschöpft werden. Im Rahmen des Kolloquiums wird anhand von Beispielen der ökologische IKT-Fußabdruck von Informationstechnik und insbesondere Software dargestellt. Anhand der Zertifizierungen „Blauer Engel für Software“ und „Blauer Engel für Rechenzentren“ werden Kriterien für eine nachhaltigere IKT vorgestellt sowie Ansätze entwickelt und diskutiert, wie diese Erkenntnisse in Lehre und Forschung eingebracht werden können.


5. Januar 2022
Kunst und Klima – Ambigue Werke im Kontext von Umweltkommunikation
Marie Johanna Trautmann; Kunstpädagogik, Uni Koblenz Landau

Über welche künstlerischen Auseinandersetzungen lässt sich im Kontext der Klimakrise sprechen? Kann die Rezeption mehrdeutiger Kunstwerke die Selbstwirksamkeitserwartung steigern? Diese und weitere Fragen werden im Rahmen dieses Vortrages aufgeworfen und Antwortmöglichkeiten vorgestellt. Kunst gilt als Impulsgeber für gesellschaftliche Transformation und kann zur Reflexion mit gesellschaftlichen Herausforderungen anregen. Der Vortrag zeigt zunächst verschiedene Weisen der künstlerischen Auseinandersetzung mit der Klimakrise im weiten Sinne auf und spannt dabei einen Bogen von Joseph Beuys bis zu Olafur Eliasson. Ein Kernmerkmal vor allem moderner und zeitgenössischer Kunst ist dabei ihre Ambiguität, die individuelle Betrachtungen und Interpretationen zulässt. Es stellt sich die Frage, welche Rolle diese Mehrdeutigkeit im Rahmen von Kunstrezeption im Kontext der Klimakrise spielt und wie sie damit eventuell zur individuellen Gestaltungsfähigkeit beitragen kann. Im zweiten Teil des Vortrages werden dann kunstpädagogische Vermittlungsmöglichkeiten von Kunst im Umweltkontext und Fragen zum Zusammenwirken von künstlerischen Aktionen und gesellschaftlicher Transformation diskutiert.


19. Januar 2022
Der Weg der „ökologischen Umkehr“ – Christliche Perspektiven angesichts der Klima-Krise
Prof. Dr. Michael Rosenberger; Theologie, Kath. Privatuni Linz

Wenige Monate vor der Pariser Welt-Klimakonferenz 2015 hat Papst Franziskus mit seiner Umweltenzyklika „Laudato si“ für Aufsehen gesorgt. Deutlicher und eindringlicher als die meisten Dokumente wissenschaftlicher Kommissionen mahnt er darin zum Klima- und Biodiversitätsschutz und zu einer radikalen „ökologischen Umkehr“. Doch ist es nicht gerade das Christentum gewesen, das die zerstörerische Fortschrittsideologie der Moderne befördert hat? Spricht die Bibel nicht sogar davon, der Mensch solle sich die Erde untertan machen? – Der Vortrag beleuchtet Schwächen und Stärken des christlichen Schöpfungsglaubens und reflektiert seine Potenziale für die globalen Bemühungen um Klimagerechtigkeit.


2. Februar 2022
Was haben mein Tofu-Burger und mein Rindersteak mit dem Klima zu tun?
Dr. Rachel Reckinger; Ernährungssoziologie und Kulturanthropologie, Universität Luxemburg, Leiterin des Forschungsprojekts Nachhaltige Ernährungspraktiken

In diesem Vortrag werden zunächst die Zusammenhänge zwischen Klima und Ernährungssystem aufgezeigt und mit alltagsrelevanten Beispielen illustriert. Hierbei wird sowohl die Ebene der Konsument:innen in den Blick genommen als auch die systemische Ebene von öffentlichen Einrichtungen, Labelvergebung und Nachhaltigkeitsbildung. Zudem wird die Rolle von mehr oder weniger kohärenten Agrar- und Ernährungspolitiken beleuchtet. Die anzustrebende Transition zu Ernährungssouveränität innerhalb planetarer Grenzen wird erläutert. Danach werden Lösungsvorschläge erarbeitet, wie ein solches nachhaltiges, sozial gerechtes und ethisches Ideal erreicht werden kann. Hierbei spielen partizipative Ansätze – wie etwa Ernährungsräte – eine grundlegende Rolle, da sie staatliches Handeln mit Marktinitiativen und Innovationen aus Zivilgesellschaft und Forschung kombinieren. Durch gemeinschaftliches Engagement können konkrete Projekte zur systemischen Ernährungswende initiiert und gelebte Ernährungsdemokratie umgesetzt werden. Damit sowohl Tofu-Burger wie Rindersteaks klima-, umwelt- und sozialverträglich sein können.

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