Exkursion zur Biennale Venedig 2023

Alle Versuche, Venedig zu beschreiben, enden meist in Kitsch und Schwärmerei. Henry James hat mit seinem Satz: „Es gibt zwei Arten von Städten: alle anderen und Venedig.“

Die Einzigartigkeit dieser Stadt in der Lagune herausgestellt. Alles ergibt sich aus dieser einzigartigen, amphibischen Situation: Die Bauweise der Häuser, die Aufteilung in Sestière (Sechstel) statt Viertel, die Stadtmorphologie mit den labyrinthischen Gassen und Campi und die Infrastruktur mit den Kanälen, welche das dichte Stadtgewebe durchziehen wie Lebensadern. Prunk und Reichtum der ehemaligen Weltmacht sind noch spürbar am Markusplatz und in den Palazzi am Canale Grande, die militärische Vormachtstellung der Flotte manifestiert sich im Arsenale, alles jedoch mit dem Überzug vieler Jahrhunderte unter Lagunenbedingungen. Diese Patina, verbunden mit dem versteckten Alltagsleben der Venezianer, auf das man hin- und wieder abseits der Touristenströme stößt, verhindern noch, daß Venedig zum bloßen Museum wird. Denn das Neue scheint es schwer zu haben in Venedig. Das who is who der internationalen Architekturmoderne des 20. Jahrhunderts ist beim Versuch eines baulichen Beitrags zum Gesamtkunstwerk gescheitert. Frank Lloyd Wright, Le Corbusier und Louis Kahn konnten Ihre Entwürfe für ein modernes Venedig nie verwirklichen und damit erging es Ihnen nicht anders als schon viel früher Palladio mit seinem Entwurf für die Rialtobrücke. Einzig Carlo Scarpa gelang es, gleich an mehreren Orten in der Stadt mit seinen feinfühligen, detailreichen Interventionen im baulichen Bestand der Stadt Spuren zu hinterlassen. Ausgerechnet in diesem Nahezu-Museum Venedig wird alljährlich die künstlerische und baukünstlerische Produktion und Zukunft verhandelt, findet seit mehr als einem Jahrhundert die Biennale der Kunst und seit nunmehr mehr als einem halben Jahrhundert die Architekturbiennale statt. Angefangen hat alles mit dem Giardini, in dem seit 1907 der Palazzo Centrale und erste Länderpavillions errichtet wurden.Dabei zeugen die kleinen Ausstellungsbauten selbst vom politischen und künstlerischen Selbstverständnis der Nationen in der jeweiligen Entstehungsphase. Viele der Gebäude wurden im Laufe der Jahre verändert, wie etwa der 1907 als bayrischer Pavillon errichtete und dann 1939 unter den Nationalsozialisten von Ernst Haiger baulich überformte und zum Padiglioni Germania umgewandelte Ausstellungsbau. Seitdem arbeiten sich Jahr für Jahr Kurator*innen an dieser Baugeschichte ab, gewissermaßen ein Spiegel des gesellschaftlichen Prozesses in Deutschland. Auf die Moderne folgt Ende der 70er Jahre die Postmoderne und damit rückte neben anderen Aspekten die historisch-gewachsene Stadt und das Thema des baulichen Bestands in den Blickpunkt. Die 1. Architekturbiennale spiegelt 1980 diesen Paradigmenwandel mit dem Motto „La Presenza del Passato“ wieder. Passend dazu wird als Erweiterung der Biennale die Corderie, die alte Seilerei im Arsenale zum Ausstellungsraum umgenutzt. Seitdem bewegen sich die Themensetzungen der Architekturbiennale regelmäßig zwischen dem Blick in die Vergangenheit und jenem in eine ungewisse Zukunft. In diesem Jahr lenkte der aktuelle Architekturdiskurs, kuratiert von Lesley Loko unter dem Titel „Laboratory of the Future“, die Aufmerksamkeit auf die drängenden Aufgaben unserer Zeit wie die Dekolonisierung, die Dekarbonisierung und das Ressourcenmanagement. Den Studierenden bot sich die Möglichkeit, im Kontext dieser einzigartigen historischen Stadt Lösungsansätze für die Herausforderungen der Zukunft zu entdecken.

Exkursion Venedig
Biennale 2023

Studierende Architektur

Betreuuer
Prof. Andrea Wandel
Prof. Jörg Obergfell
Prof. Jan - Henrik Hafke
Prof. Robert Thum

Projekttyp
Exkursion

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